alternative, detailliertere Version
Suchmaschinen übernehmen eine entscheidende Rolle bei der Strukturierung
und Bewertung von Information im Web und stellen Umschlagplätze
der Aufmerksamkeit von Netznutzern dar. Diese "Ökonomie
der Aufmerksamkeit" ist ein entscheidender und im alltäglichen
Gebrauch oft wenig berücksichtigter Aspekt der Suchmaschinen.
Schon der Name "Suchmaschine" suggeriert die absolute
Objektivität einer von jeglicher menschlichen Steuerung unabhängigen
Maschine und verdeckt so die Prinzipien des Informationsrankings
im Hintergrund.
Die vermeintlich objektive Liste von Suchergebnissen ist ein Produkt
eines technischen Algorithmus, der selbst Produkt technologischer
Entwicklung, wirtschaftlicher Interessen und weltanschaulicher Systeme
ist.
Suchmaschinen verkörpern das System der Relevanz der Popularität,
das nur auf den ersten Blick als demokratisch angesehen werden kann.
Seiten, auf die mehr Links zeigen, werden als beliebter und folglich
auch relevanter eingestuft als weniger bekannte Seiten. Suchmaschinen
wirken auf diese Weise als Trendverstärker, die populäre
Sites noch populärer werden lassen und unbekannte Seiten abwerten.
Dieses Prinzip der "Stärkung" von erfolgreichem Content
und der Minderbewertung von wenig bekanntem Content lässt sich
von der Ebene der Webseiten auf die Ebene einzelner Wörter
herunter brechen, was das zentrale Thema der Arbeit [index tales]
ist.
[index tales] verwendet die Snippets einzelner Webseiten in Googles
Index, um aus diesen kurzen Textinformationen einzelne Wörter
zu entnehmen und in neuem Kontext zusammenzusetzen.
[index tales] geht davon aus, dass bestimmte Begriffe mit hoher
Wahrscheinlichkeit dazu passende darauffolgende Wörter aus
den Snippets der Suchergebnisse liefern, die somit in einem sprachlichen,
kontextuellen oder stilistischen Zusammenhang mit dem Suchbegriff
stehen.
Damit wird [index tales] selbst zur Engine, die, gespeist durch
das informationsökonomische System hinter Google und in Verbindung
mit einem eigenen Algorithmus, Satzkonstrukte mit Pseudo-Bedeutung
generiert.
Pseudo-Bedeutung, die einerseits zu einem gewissen Teil zufallsbedingt
ist, andererseits das Popularitätssystem hinter der Suchmaschine
widerspiegelt.
Die Sätze, die [index tales] liefert, sprechen eine eigene
Sprache. Es ist die Sprache des Index, genauer die Sprache der ersten
100 Treffer, die Google liefert.
Diese jeweils ersten 100 Treffer können als eine Art Querschnitt
durch den aktuellen Bedeutungsschatz der Suchmaschine zu einem bestimmten
Begriff gesehen werden.
[index tales] betrachtet die Wörter, die es kreuz und quer
aus verschiedenen Snippets zieht als eine Art Pixel.
Pixel formen zusammen ein Bild - für sich isoliert sind sie
nahezu bedeutungslos. Auch die Wörter, die [index tales] zu
neuem Kontext zusammensetzt, sind nicht mehr in ihrem eigentlichen
Kontext zu erkennen, es sind Pixel, die verschoben wurden.
Verschoben aus ihrem ursprünglichen Kontext, hinein in ein
System des Google-Kontextes, in ein System der [index tales], wo
auf das Wort "das" mit höherer Wahrscheinlichkeit
der Begriff "Internet" folgt, als ein anderer. Oder in
Pixeln gesprochen, wo neben einem blauen Pixel am öftesten
ein gelbes liegt.
[index tales] erzählt Geschichten aus dem zentralen Index,
es plaudert in der Einheitssprache der Top 100 munter vor sich hin.
[index tales] zu lauschen kann unterhaltsam, verwirrend, langweilig,
überraschend und mitunter sehr aufschlussreich sein.
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